Weit weit weg von zuhause...oder doch nicht??? 

 

Wieso dieser Titel, fragt ihr Euch? Ein gerechtfertigte Frage...das Leben besteht oft aus Fragen, wo wir nicht immer eine passende Antwort dazu finden. Aber eins kann ich Euch garantieren, die Auflösung folgt später ;-) 

 

Im doch dichtgedrängten Reiseprogramm konnte jeder den Vormittag für sich individuell gestalten...ich fühlte mich schon fast frei wie ein Vogel, der vor hatte die ganze Insel zu erkunden. Okay, dazu reichte es zeitlich nicht ganz, da am Nachmittag das nächste Spiel gegen eine regionale einheimische Mannschaft geplant war...die meisten genossen es deshalb einige Stunden am Strand zu liegen oder wer nicht schon den Hals voll vom Sport hatte, betätige sich mit akrobatischen Einlagen am Volleyballnetz (was unserer „Wonderwoman“ Kathrin einige zusätzliche Sorgenfalten bescherte). Ich, Manu und Sven konnten es nicht erwarten endlich in das einladende Meereswasser zu springen...was wir natürlich mit voller Freude auch taten, da es doch ausnahmsweise mal auch nicht regnete (erstaunlicherweise ein treuer Begleiter während unserer bisherigen Sri Lanka Tour). Die Anziehungskraft des Meeres ist für uns Schweizer sowieso enorm gross, da das grosse weite Meer für uns nicht um die Ecke liegt. Schnell mal merkten wir, dass es nicht ganz einfach ist relaxt im Meer zu baden. Deshalb genossen wir nur kurz unseren Sprung ins kühle Nass. Das Hotelpersonal empfing uns dann beim Zurücklaufen zu unseren Liegestühlen...mit einem „Empfangskomitee“ hatte wir nicht gerechnet. Wir wurden darauf hingewiesen, nur in der Bucht direkt vor dem Hotel zu baden und nicht zu weit nach draussen zu schwimmen, da die im Moment aktive Unterströmungen sonst einem zu weit nach Aussen treibt. Denn starke Strömungen machen das Baden im Meer zu dieser Jahreszeit lebensgefährlich! 

 

Die Hotelanlage, wo wir uns befanden, liegt direkt am Strand einige Kilometer von Galle entfernt. Unvorstellbar, dass hier vor rund 13 Jahren ein Tsunami wütete, welcher die ganze Stadt in einem für uns nicht vorstellbaren Ausmass zerstörte. Die Bilder von den meterhohen Wellen liefen vor meinen Augen ab und von den Sri Lankesen, welche innert Sekunden ihr ganzes Hab und Gut verloren. Davon ist hier vor Ort nicht mehr zu spüren, die Leute machen einen für mich unvorstellbar freundlichen Eindruck und man wird andauernd angelächelt (was wirklich ansteckend ist). Schnell merkten wir aber, dass wir nicht nur von Einheimischen angelächelt wurden...aus einer Liftkonversation unter uns Spielern wurde im Hintergrund von einigen mitfahrenden Lift-Hotelgästen charmant gekichert. Was ist denn nun los? Gibt es Touristen, welche die lokalen Nachrichten verfolgten und wussten, dass wir in Sri Lanka auf Fussball-Charity-Mission waren? Mhhhm, fast ;-) Es stellte sich heraus, dass im gleichen Hotel zu unserer Überraschung eine Projektklasse aus dem Berner Oberland und Wallis hausierte, welche in Ausbildung für die Höhere Fachschule des Tourismus sind und in Sri Lanka ihre Studienreise durchführten. Eigentlich geht man ja oft mit den Gedanken in ein fremdes Land um ausschliesslich mit einheimischen Leuten zu tun zu haben...Sri Lanka ist ja weit weit weg von zu Hause, doch der Hotel-Komplex war ab sofort in fester Hand von Schweizern. Also quasi befanden wir uns in „Little Switzerland“ ;-) Schnell kamen wir in Gespräche mit unterschiedlichsten Leuten...was sich für uns dann als „Lucky Punch“ herausstellte. Denn unsere Verletztenliste wurde in den letzten Tagen leider nicht kleiner (an dieser Stelle gute Genesung an alle). 2 junge und motivierte Jungs stellten sich dann in Absprache mit unserem Coach Marco zu Verfügung (sie mussten nur ihrem Klassenlehrer klar machen, dass sie am Abend für die Abschlussarbeit erst später dazu stossen würden). Gesagt getan...schnell wurde in den Chats nach Ersatzfussballschuhen gesucht, damit wir unsere Aushilfskräfte mit dem nötigen Material ausrüsten konnten. Marc und Remo...beide aus Bern. Einer davon sogar aktiv beim FC Weissenstein und der andere spielt Alternativ-Fussball. Man fliegt also tausende von Kilometer um dann trotzdem wieder „fast“ unter sich zu sein. 

 

 

Um unseren Leuten aus Bern das ganze Projekt näher zu bringen, stand noch ein Interview für RadioBern1 mit unserer Sport-Moderator-Legende Albi Saner und mir an (inkl. kitschigem Meereshintergrund-Rauschen), wonach ein Ausschnitt aus diesem Interview auf diesem regionalen Berner Sender ausgestrahlt werden sollte. 

 

Schnell verflog die Zeit und einige Spieler hatten das Vergnügen (freiwillig oder teilweise unfreiwillig) vor unserem nächsten Spiel eine Audienz bei Kathrin zu haben. Ihre Wunderhände waren sehr gefragt... 

 

Also machten wir uns dann um 14 Uhr auf den Weg nach Matara, ca. 40km von Galle entfernt. Natürlich musste der obligate Bananen-Kauf-Stopp eingelegt werden...auf der Anreise im Car war es spannend zu sehen, dass die Kühe, welche bei uns auf der grünen Wiese weiden, hier ihre Lieblingsplätze auf der Schnellstrasse gefunden haben und dort seelenruhig liegen. Das gleiche gilt für die Streuner. Erstaunlicherweise werden die „Strassen-Besetzer“ entweder sanft umfahren oder mit einem heftigen Hupen zu ein wenig Bewegung animiert. 

 

Aufgrund des Staus kamen wir mit einer leichten Verspätung in Matara an. Wir liessen uns dadurch nicht stressen, da wir doch mit der Zeit feststellen mussten, dass die Spiele selten pünktlich angepfiffen wurden. Mit unserem Fussball-Rucksack ausgerüstet machten wir uns auf den Weg zu unserer Kabine. Rasch wurde bemerkt, dass der Boden tief und rutschig war. Wir stellten uns also auf ein kräfte- und energie-raubendes Spiel ein (deshalb waren wir noch mehr froh, dass wir mit den „Tourismus“-Fussballern aus Bern immerhin die Bank mit 4 Auswechselspieler belegen konnten). Unser Coach Marco machte uns auf das Spiel heiss...wir befinden uns nämlich auf der „Tour de Sri Lanka“. Das Spiel in Matara war unser letztes Spiel vor dem „Bergetappen“-Spiel gegen die Sri Lankesische Nationalmannschaft in Colombo. Das Motto war: keine weiteren verletzten Spieler und intelligent Spielen. Das zweite konnten wir selber beinflussen...das Erstere leider nicht. Übrigens mit Franco und Gianni standen erstmalig in der FOG-Historie zwei italienische "juventische" Sturmspitzen auf dem Platz.

1 Minute vor Spielbeginn fiel unser TomTom (Goalie) aus. Das hiess ein Feldspieler, in diesem Fall unser Kusi, nahm kurzfristig seinen Platz ein. Die Ersatzbank schmälerte sich dabei um einen weiteren Spieler (einige Spieler gingen zudem angeschlagen in das Spiel rein). Die im Fussballjargon bekannten „englischen Wochen“ machte sich also bereits vor dem Anpfiff stark bemerkbar. Wir nahmen uns vor, gegen die doch aus der Ferne athletischen Matara-Spieler, taktisch klug und mit grossem Einsatz zu spielen. Was wir auch in der ersten Halbzeit hervorragend umsetzten. Wir erspielten uns die klareren Torchancen heraus und der Gegner verbuchte einzig einen Weitschuss auf deren Konto und war offensiv harmlos. Eine 2:0 Führung wäre das verdiente Halbzeitresultat gewesen.

Aufgrund des doch intensiven Laufpensums von uns und dem insbesondere bevorstehendem Nati-Spiel in Colombo 2 Tage später, wechselten wir in der Halbzeit einige Spieler aus und die 2 Berner kamen zu ihren ersten FOG-Einsatzminuten. Die Matara-Mannschaft nahm auch den einen oder anderen Wechsel vor (okay, deren Bank platzte mit vielen Ersatzspieler aus allen Nähten). Und prompt kam die einheimische Mannschaft mit viel Schwung aus der Halbzeitpause heraus, was für uns leider zum 1 zu 0 Rückstand führte. Das Tor schoss dann auch ein Profi-Spieler aus Ghana, welcher sich gekonnt und mit einem strammen Weitschuss (absolut unhaltbar für unseren Goalie) in Szene setzen konnte. Das Tor gab den Matara-Spieler Auftrieb und mit einem sehr glücklichen Tor (man kann an dieser Stelle klar erwähnen, dass der Torschütze der einheimische Boden war, weil der Ball ausgehend von einem harmlosen Schuss unhaltbar ins Tor aufsetzte). Also hiess es 2 zu 0 für Matara und deren einheimischen Fans...war das die Vorentscheidung? Wie konnten wir noch das Spiel drehen, da bei uns die Kräfte schwanden und das Terrain noch unbespielbarer wurde? Fussball ist keine Mathematik, es kann immer Etwas passieren...was auch geschah. Roque, oder von mir auch herzhaft Rockyue genannt, weil er immer vorbildlich, als Dienstältester und (fast) überall einsetzbarer Spieler stets seine Leistung abruft, konnte mit einem schönen Schuss aus 11 Meter den Anschlusstreffer erzielen.

 

Keine 2 Minuten später wurde der Druck auf das Matara-Tor unsererseits erhöht. Es eröffneten sich weitere gute Ausgleichsmöglichkeiten. Ein schöner Kopfball vom Coach Marco inmitten sicher mind. 10 Spieler wurde auf der Linie abgewehrt, ein Schuss aus aussichtsreicher Position von unserem Fels in der Brandung Matze ging nur knapp am Tor vorbei. Wenn der Ball schon nicht rein wollte, half uns der Schiedsrichter bei einer entscheidenden und klaren Handspenalty-Situation leider auch nicht weiter...wie wir Spieler machen die Schiedsrichter auch Fehler, das sei hier natürlich für unsere Schiedsrichter-Freunde erwähnt ;-) Und es kam wie es kommen musste...Matara schoss nach einem Konter das Tor zum Endresultat von 3:1. Direkt nach dem Schlusspfiff verspürte man einen gewissen Frust, was auch nachvollziehbar war, da wir wirklich bis zum Umfallen (einige waren knapp davor ;-) gekämpft haben. Ich kann nur sagen, dass ich auf jeden einzelnen Spieler und Supporter (Muriel, Peschä, Kathrin, Hüssu, Albi Saner) extrem stolz war, weil wir gegen ein sehr starke Mannschaft und mit einem deutlich reduzierten Kader meiner Ansicht eine der besten Leistungen in Sri Lanka abriefen (u.a. spielten dort 2 Profi-Fussballer aus Ghana, welches ihr Geld mit Fussball verdienen, einer davon spielte sogar in der Schweiz im Nachwuchs vom FC Basel. Anekdote: Aufgrund des hervorragend bestehendem Beziehungs-Netzwerk wird noch mit dem FCB seitens unserer Fricktaler-Fraktion abgeklärt, ob dies der Wahrheit entspricht ;-) 

 

Wir wurden dann von den Funktionären vom FC Matara in der Umgebung zum Nachtessen eingeladen. Die Spieler der gegnerischen Mannschaft trafen nach uns ein und wir sassen buntgemischt an verschiedenen Tischen zusammen. Es entstand ein sehr schöner Austausch, wir sprachen über Gott und die Fussball-Welt. Nach einem doch würzigen Nachtessen (einige Spieler schwitzten während dem Nachtessen mehr als während dem Fussballspiel) durften wir die Funktionären mit Victorinox-Messern und Schweizer Lindt-Schokolade beglücken, welche insbesondere bei den Spieler vom FC Matara (und auch bei uns) sehr guten Anklang fand. Zusätzlich rüsteten wir den Verein mit verschiedenem Fussball-Material aus. Das wurde sehr wertschätzend angenommen, was nebst dem kulturellen Austausch ein Eckpfeiler dieses Projektes ist!

 

Nach diesem in sicher Erinnerung bleibendem Nachtessen fuhren wir zurück ins Hotel, wo wir bei einem gemütlichen Schlummer-Trunk den Abend ausklingen lassen wollten (Betonung auf wollten). Der Abend nahm aber eine andere Wendung...die Rooftop-Bar wurde kurzfristig zum Dancefloor umfunktioniert und so feierten wir zusammen mit Tourismus-Studenten die Niederlage (ja genau, auch Niederlagen kann man feiern ;-) Der DJ schmiss einen Schweizer Song nach dem Anderen auf das Tanzparkett und es wurde aus voller Kehle mitgesungen...die Nacht wurde also (fast) zum Tag! 

 

Jetzt gilt es die Batterien wieder aufzuladen, die angeschlagenen Spieler fit zu machen, damit wir mit den möglichst besten Voraussetzungen das Spiel gegen die Nationalmannschaft von Sri Lanka bestreiten können. Die Bergetappe steht uns erst bevor...was ich aber jetzt bereits schon weiss ist, dass wir sicher unser Bestes geben und die Farben von FussballOhneGrenzen mit aller Würde auf dem Platz tragen werden. 

 

In diesem Sinne „Hopp FOG“!

 

 

Gianni D‘Agostino, Capitano der FOG‘s